Presse:
Radio
1
Wer hätte gedacht, dass aus Köln nicht nur großartige
Elektromusik kommt, sondern auch Gitarrenpop mit viel Seele. Locas in
Love heißt eine vierköpfige Band, die mit umwerfender Unbekümmertheit
ein Album präsentiert, das dramatisch, traurig, witzig und vor allem
stimmig ist. „Saurus“ heißt dieses Album der Kölner
Band Locas in Love.
Radiointerview vom 14.03.2007 mit Live-Version von 'High Pain Drifter'
für den Real Player: hier.
Musikexpress März 2007:
Kluger deutscher Szenetypen-Pop, den man am liebsten verstecken möchte,
um ihn zu beschützen.
Man hat ja oft Angst, sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen und auf die
Straße zu klatschen. Aber, was soll’s: Locas In Love, diese
unverhoffte kleine Band aus Köln, könnte ein Wunder werden.
Es wäre glatt möglich, dass diese vier Menschen nach langer
Zeit die ersten sein werden, die wieder anfangen, Dinge richtig zu machen:
nicht für Raabs Bundesbandwettbewerb spielen, sich nicht von der
Neon unter die 100 wichtigsten jungen Deutschen wählen lassen. Warum
sie so besonders sein sollten? Nun, hier kommt er also, der Moment des
Rezensentenaufschlags auf dem harten Asphalt: Locas In Love sind die beste
neue hiesige Popband dieses Jahrtausends. Punkt. Oder anders: Endlich
begegnen sich bei einer deutschen Band mal wieder Popinstinkt, Hirn und
Stilsicherheit auf Augenhöhe. „Sachen“ heißt der
erste Song des zweiten Locas-Albums, und er verhandelt sehr geradeaus
Dinge, die zu öde sind, um sie Themen zu nennen: „Sachen“
also. Gerade fragt man sich noch, ob eine Band wirklich über etwas
singen sollte, worüber zu sprechen schon langweilig genug ist, da
hat man sich schon in Björn Sonnenbergs versmaßsprengenden
Gesangsstil verliebt. Im zweiten Song „Zum Beispiel ein Unfall“
spuckt Co-Sängerin Stefanie Schrank Judith Holofernes mal eben ins
Poesiealbum, und spätestens bei der anrührenden Loser-Hymne
„Comandante“ wünscht man der Band wahlweise eine Weltkarriere
oder will sie nur noch für sich allein haben. Ihre größte
Stärke – neben den schlichten, aber packenden Melodien –
sind die Texte: Schnodderpoesie und Luschenlyrik mit wundem Punkt (sehr
schön im Weihnachtsheimkehrerdrama „Egal wie weit“).
Und mit dieser Pose gelingt ihnen fast alles: Typenkarikaturen, Krawallbekundungen,
putzige Endzwanziger- und Frühdreißigeranalysen, Jugendphrasenverdrehereien
und aussichtslose Utopien. Und immer, wenn’s gerade am schlimmsten
schmerzt, bekommt man etwas zu lachen: „Ich verkrampf mich immer
fester und blicke so starr/dass meine Augenbrauen wehtun/In 20 Minuten
werd’ ich Muskelkater haben“ (aus „High Pain Drifter“).
Die Musik dazu ist freundlich swingender Jungliedermachergitarrenpop zwischen
hutzeliger Post-Kleinkunst und arglosem Weltumarmer-Schlager: Manchmal
klingt die Band fast wie Herman Düne auf deutsch, falls das jemandem
hilft. Ohne ihnen eine Last auf die schweren Schultern laden zu wollen,
aber vielleicht schaffen sie es ja wirklich, Raab und NEON von der Schippe
zu springen. Es ist möglich, daß manches hier bald schon wieder
zu alltagsverhaftet, zu geheimnislos, zu anständig poprockig, am
Ende vielleicht sogar doch wieder zu deutsch klingt. Man kennt sich ja.
Doch jetzt, in diesem Moment, ist diese Platte geradezu eine Offenbarung.
* * * * * (fünf Sterne)
Eric Pfeil
Spex # 306, 01-02/2007:
Die »Sachen«, die uns beschäftigen, ohne wichtig zu sein,
ohne Leidenschaft zu erfordern, sie halten uns auf, zurück und in
engen Kreisen gefangen. Gleichwohl sind es die Dinge, um die herum Locas
In Love ihr grandioses Album aufbauen. Ja, ich scheue mich nicht, dieses
Adjektiv hier und jetzt zu betonen. Musik, die nicht aus dem Alltag oder
vor dem Gegenüber flieht, die denkt, fühlt und weitererzählt,
was in den Gedankenwelten von Frank Spilker oder Jochen Distelmeyer jemals
eine Rolle gespielt hat.
Auf der Suche nach Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit und Nähe zelebriert
diese Band in großformatigen Popsongs schlichtweg echtes Storytelling,
unkodiert und lyrisch liebevoll in Szene gesetzt. Jenseits von Floskeln
zu texten kann ja bekanntlich ganz schön in die Hose gehen. Nicht
so hier. Schönstes Beispiel ist hier sicherlich die völlig unpeinliche
Ödnis-Beschau des »Hauses Deiner Eltern« in »Egal
wie weit«. Locas’ Geschichten spielen sich in jedem Leben
ab, gehen raus in den Alltag. Gut so, und eigentlich der einzig richtige
Weg.
Die Musik trägt die Worte weiter. Ein fast unfassbares Amalgam aus
Einflüssen lässt »Saurus« musikalisch leuchten.
Nervös fuchtelt meine Hand im Nichts herum, um die Bands vor meinem
geistigen Auge zu erhaschen, die in der Referenzliste an mir vorbeirauschen.
Ist es nun blöd, Weezer, They Might Be Giants, Sonic Youth und Bright
Eyes als exemplarische Big Shots aus dem Register zu ziehen? Wer kennt
schon noch Geschmeido? Was ist eigentlich die hiesige Entsprechung zu
Americana? Ist »Rosa Mond« nun wirklich eine Anspielung auf
Nick Drake? Okay, das führt zu nichts...
Gleichzeitig aber klingt das Album – Vorsicht, Floskel! –
so reif und aus einem Stück gehauen, dass ich mich immer wieder vergewissern
muss, wie jung diese Band ist. Mehr als das und die Tatsache, dass Kollege
Jan Niklas Jansen neben Spex auch diese Band mit seiner Kreativität
befeuert, weiß ich nicht über Locas In Love. Was egal ist,
denn nach einem Hördurchgang ist die Band ohnehin ein guter Bekannter
– und für meine allerletzte Spex-Rezension wohl der schönste
Gegenstand, den ich mir wünschen konnte. Danke.
Carsten Sandkämper
taz,
5.2.2007
Das bringt die Woche
MUSIK: Am Freitag kommt das Debüt der schönen deutschen
Band Locas In Love in den Handel. Es heißt "Saurus" und
klingt wie eine Mischung aus Bright Eyes und den Lassie Singers - also
toll.
mbeat, Ausgabe
No.2_Februar_07
'Zum Beispiel ein Popwunder'
Toll! Da bekommt man nicht nur dieses wunderbare Album einer Band zugeschickt,
von der man noch nie gehört hat, sondern auch noch den Link zu einem
Reviewroboter mit vorgefertigten Phrasen. Nach kurzer Überlegung
wird dieser allzueinfache Weg aber verworfen. Schließlich haben
sich die vier Kölner mit ihrem Album mehr Mühe gegeben, als
sie der Rezensent je in diese Zeilen stecken könnte. Bis ins Jahr
2004 gehen manche der Nummern zurück, aufgenommen wurden sie im Herbst
letzten Jahres in England im Studio von Peter Katis (Spoon, Interpol,
The National) und unter Mithilfe von Arab Strap Musiker Malcolm Middleton
(ein Gitarrensolo), Streichern und sogar einem Kinderchor (Im wunderbaren
'Ich-bin's-nicht-gewesen'-Song 'Mabuse') eingespielt. Glaubt man den sich
schier überschlagenden Kollegen der schreibenden Zunft, den Locas
ist damit ein Eintrag als vielleicht beste deutsche Band des Jahrtausends
sicher. Man glaubt! Bis ins kleinste Detail perfekt durcharrangierte Indiepop-Perlen,
die sich rein musikalisch sofort ins Ohr festsetzen, in Sachen Lyrics
aber für wunderbare Brechungen sorgen. Denn statt Versmaß steht
hier der direkte Ausdruck des zutiefst Privaten im Vordergrund und wir
dürfen Leute wie Martin kennenlernen (im Knast), die wohl irgendwie
zum Freundeskreis des Quartetts gehören. Dazwischen angenehm unaufgeregt
Politisches, 'Zum Beispiel Ein Unfall' und dergleichen unglaublich schöne
Popwunder mehr, in schönem Wechsel mal weiblich, mal männlich
intoniert. In einer gerechten Welt in Kürze mindestens mal im Jurassic
Parc des deutschen Musikzirkus.
(Christopher Büchele)
Intro Nr.147
jetzt.de, Süddeutsche Zeitung vom 18.02.2007
Locas In Love
Woher: Quartett aus Köln rund um den Sänger
Björn Sonnenberg, der sich mit Bassistin Stefanie Schrank den Gesangspart
teilt und mit der Zweitband Karpatenhund samt Majormacht im Rücken
auf dem Weg in die Hitparaden ist.
Wohin: Locas In Love werden mit dem neuen Werk "Saurus"
von manchen schon jetzt als beste hiesige Popband dieses Jahrtausends
gefeiert und Björn Sonnenberg als neuer Frank Spilker oder Jochen
Distelmeyer gehandelt.
Klingt nach: Reduzierter Bombast aus leisen Momenten
und großen Gesten. Eine Band, die Worte findet, wie sie einem selber
nie einfallen würden.
Hannoversche Allgemeine Zeitung, 13.03.2007
Romantisch und unbeugsam
„Indierock” – das war einmal so etwas wie das große,
ewige Glücksversprechen des Rock ’n’ Roll: „Do
It Yourself”-Prinzip traf auf Anti-Kommerz und Verweigerung als
Daseinsform. Inzwischen ist „Indie” immer mehr zur Pose geronnen;
was übrig bleibt sind Seitenscheitel, Retro-Turnschuhe und Hornbrillen.
Die Kölner Band Locas In Love zeigt mit „Saurus”, dass
es auch anders gehen kann. Benannt nach einem amerikanischen Underground-Comic
aus den achtziger Jahren, hat sich das Quartett durch Jugendzentren bis
nach New York gespielt – mit selbst produzierten EPs und einem endlosen
Reservoir an renitenter Energie. Mit „Saurus” ist der Band
ein großes Album gelungen. Dreistimmiger Gesang und Streichquartette,
ein hüpfendes Banjo, Pfeifsolos und alle Arten von Tasteninstrumenten
fügen sich ebenso selbstverständlich in den dichten Bandsound
wie ein Kinderchor, der auf das System schimpft („Mabuse”).
Was vielen Bands nur als ironisches Zierat gereicht, ist auf „Saurus”
Programm: Die Locas kommen, um sich zu beschweren. Nach drohend rollendem
Bass („Sachen”) berichtet Sänger Björn in holpriger
Phrasierung vom Leben im Prekariat, während Gitarrengewitter im Wechsel
mit poppigen Orgelböen vorbeizieht, das den Weg ins gelobte Land
der Pixies und Velvet Undergrounds weist. Besonders zu Beginn der Platte
regnet es sperrig-schöne Ohrwürmer wie „Comandante”,
eine Liebeserklärung an den unangepassten Jugendfreund. Das alles
klingt so mitreißend wie eine musikalische Version des Filmklassikers
„Bonnie & Clyde” – romantisch und unbeugsam bis
zum Schluss. In einem Wort: „Indie”.
(Daniel von Fromberg)
titel-forum.de
Was wirklich wichtig
ist
Sollte es möglich sein, dass eine junge Band aus Köln endlich
den ganzen Deutsch-Pop-Soßenschleudern zeigt wo's langgeht? Aber
ja.
Manchmal kommt es vor, dass einem eine Band schon nach wenigen Tönen
ihrer neuen Platte vorkommt wie ein alter Bekannter. Dabei kann ich mich
noch erinnern, dass ihr erstes Album "What Matters Is The Poem"
mich damals, es war 2004, etwas ratlos zurückließ. Das war
alles sehr gut gemacht, aber doch etwas sperrig. Vielleicht, ganz sicher
sogar, habe ich mich auch so sehr verändert, dass der Zugang jetzt
ein anderer ist. Jedenfalls wirkt das zweite Album "Saurus"
geradezu beängstigend eingängig. Sollte es möglich sein,
dass eine junge Band aus Köln endlich den ganzen Deutsch-Pop-Soßenschleudern
zeigt wo's langgeht? Die über den Alltag singen kann und dabei all
die Gedanken zu Papier bringt, die einem selbst so oft vor dem Schlafengehen
durch den Kopf gehen? Mit Songs, die einfach restlos glücklich machen?
Aber ja.
Ist Jan Niklas Jansen eigentlich noch Redakteur bei der Spex, die von
Köln nach Berlin geflüchtet ist? Man möchte fast hoffen
nein, denn dann hat er mehr Zeit für die wichtigen Dinge wie mit
Locas In Love auf Tour gehen und an neuen Stücken arbeiten, zusammen
mit Stefanie Schrank (deren herrlich naiver Gesang schön an die Lassie
Singers und die Moulinettes erinnert), Sänger Björn Sonnenberg
(der mit seinen ungewöhnlichen Zeilenumbrüchen die Schönheit
der deutschen Sprache aufsägt, ohne sie zu zerstören) und Maurizio
Arca. Jetzt, und zwar sofort, ist es an der Zeit diese Band zu feiern,
für ihre wunderbaren Vergleiche ("ich liebte dich wie Che Guevara
die Revolution"), für einen gänzlich unpeinlichen deutschen
Country-Song ("To Get Things Straight") für wunderbare
o-neliner ("für uns ist es schon zu spät, jung zu sterben
und Legenden zu werden"), für wunderbare, unspektakulär
dahingesungene kleine Weisheiten ("dass nichts für immer ist,
und nichts je vorbei") und für mindestens einen modernen Klassiker
mit Kinderchor ("Mabuse") und einen modernen Klassiker über
das Nachhausekommen ins Haus der Eltern, begleitet von Widerwillen und
Lebenslügen ("Egal wie weit"). Wurde da jetzt zu oft das
Wort "Wunder" verwendet? Nein, für "Saurus" kann
man es gar nicht oft genug in den Mund nehmen. Dafür sind ausnahmsweise
mal alle Superlative angebracht. Blumfeld haben sich aufgelöst, und
Die Sterne werden nie wieder so wichtig werden wie sie's mal waren. Na
und? Wen schert's? Wir haben jetzt Locas In Love, das ist viel, viel wichtiger.
(Tina Manske)
Bizarre Radio
Man kann das auch so sehen: Sangen Locas
In Love im Jahre 2002 in ihrem „Lovesong“ noch leicht hippie-esk
„Uns’re Liebe richtet sich direkt/ gegen alles was nicht funktioniert/
Und wenn wir uns küssen ist das/ ein Statement gegen das Schweinesystem“
gründeten vier Fünftel der Band 2005 die Band Karpatenhund,
um dann mit Unterstützung eines Majorlabels so richtig durchzustarten.
Andererseits: Die unglaubliche Kreativität und Spielfreude von damals
behielt die Band bis heute bei (im Grunde genommen ist sie am vorläufigen
Höhepunkt angelangt), und so arbeitete man ohrenscheinlich parallel.
Und wie: Mit Unterstützung von Malcolm Middleton (Arab Strap), den
man bei einer gemeinsamen Tour kennen lernte, unzähligen Instrumenten,
einem Kinderchor und schließlich auch noch einer waschechten US-Produktion
(Peter Katis, u.a. Clem Snide, Spoon, Interpol) nahm man das Album „Saurus“
auf.
Textlich findet sich die alte Verschrobenheit dann aber doch (zum Glück)
noch wieder: „Und ich liebte dich / wie Comandante Che Guevara die
Revolution“ („Comandante“). Ebendort heißt es
auch: „Du hattest immer gute Ideen/ zum Beispiel in englischen Texten/
das Wort „pain“ durch „paint“ zu ersetzen.“
Eigentlich kaum zu glauben, wie man so etwas singen kann, ohne peinlich
zu klingen. „Saurus“ ist – für die deutsche Rockmusik
des neuen Jahrtausends - eine Offenbarung.
Und sonst: Man weiss gar nicht, wo man anfangen soll. Bei der wunderbar
eingängigen (sagen wir es doch: phänomenalen) Popmusik, oder
doch und immer wieder einfach bei den ebenso klugen wie traurigen wie
lustigen Texten: „Ich verkrampf mich immer fester und blicke so
starr,/ dass meine Augenbrauen wehtun./ In 20 Minuten werd’ ich
Muskelkater haben“ („High Pain Drifter“). Während
es im Opener noch heißt „Mit der Band läuft’s ganz
gut/ Wir kommen viel rum/ Und machen eine neue Platte/ Du kannst die Demos
mal hör’n/ Sie kommt bald raus“, leugnet sich die Band
in „Mabuse“ dann selbst und behauptet (ebenso wahnwitzig wie
selbstbewusst): „Ich war es nicht/ Es war Mabuse/ Er benutzte mein
Gehirn.“ „Rosa Mond“ ist Nick Drakes „Pink Moon“
auf Deutsch und „Sachen“ könnte es tatsächlich zu
einem neuen „Smells Like Teen Spirit“ schaffen. ...So könnte
das endlos weiter gehen….
Lieder, die die Welt braucht! Wer das selbst herausgefunden hat (hoffentlich
alle), kann übrigens mit Hilfe des „Review Roboters“
auf der Homepage der Band selbst eine Plattenkritik „bauen“.
Auch wenn es schwer fallen wird, sich zwischen „Saurus – Egal,
es knallt!“, „Mehr als nur ein Geheimtip“, „Voll
auf die 12!“ und „Locas in Love sind die besseren Dinosaur
Jr.“ für ein endgültiges Urteil zu entscheiden. Bitte
rechts auf "REVIEW ROBOTER" klicken!
14 von 15 Punkkten
(Daniel Höfelman)
komakino.de
Das wievielte Album der Kölner ist
das eigentlich? Bei dem wahnwitzigen Output der Band verliert man allmählich
den Überblick - umso erstaunlicher, dass ihre Songs einfach nicht
schwächer werden. Das Gegenteil ist der Fall. "Saurus"
ist jedenfalls das Majordebüt der Locas. Ob das mit dem ebenfalls
auf Virgin erscheinenden Debüt ihres "Nebenprojekts" Karpatenhund
zusammenhängt, sei dahingestellt - Tatsache ist, dass es weder ihnen
noch ihren Songs schadet, denn aufgrund des oben erwähnten unglaublichen
Potenzials des Songwritertrios Sonnenberg / Schrank / Jansen sind einfach
genug Hits für zwei Alben da.
"Saurus" wurde in den USA von Peter Katis (Interpol, Clem Snide,
Spoon, The National) abgemischt - tatsächlich wurden dadurch die
Aufnahmen zum nächsten The-National-Album unterbrochen und dessen
Release somit verzögert. Doch selbst dieser fast blasphemische Akt
ist schnell verziehen, wenn man Songs wie "Zum Beispiel ein Unfall"
oder "Saurus" hört.
Björn, Stefanie und Niklas lieben die Musik. Ihre Wohnungen sind
wie Plattenläden, in denen es nur gute Musik gibt. Und sie selbst
sind wie Rock Aliens, die sich von dieser Musik ernähren, deren Essenz
aufsaugen und in ihre eigenen Songs legen. Ihr Herz und ihre Seele legen
sie dir noch obendrauf, allerdings nicht auf eine so jämmerliche,
selbstmitleidige Art wie viele ihrer deutsch singenden Kollegen, sondern
unaufdringlich und - im Kontrast zur stellenweise sehr bombastischen Musik
- leise. Ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst.
(Niko Amok)
teleschau
- der mediendienst auch: focus
campus
"Die Show muss gar nicht weitergehen.
Wir können einfach aufhören." Es gehört schon ein
bisschen Mut dazu, gängige RocknRoll-Klischees so sehr zu negieren,
wie Locas In Love das tun. Aber, und das wird auch schnell klar: Es geht
nicht um die Band, es geht um den Hörer. "Saurus" ist so
eine Art Therapiestunde, gepaart mit einer unglaublichen Liebe zum Pathos.
Da gehts ums gemeinsame Sterben, wie einst bei den Smiths, ums Erwachsenwerden,
um die Liebe, um Gewalt als Ventil und um die anderen großen Themen
des Lebens. Was früher noch etwas unbeholfen klang und die Grenze
zum Kitsch manchmal überquerte, kommt jetzt immer auf den Punkt.
Dabei haben Locas In Love gar nicht so viel verändert. Nach wie vor
zelebrieren sie einen sehr traditionellen Schrammelpop, der seine Wurzeln
in diesem diffusen Ding namens Indie hat, also bei so ziemlich allem was
musikalisch auf einer Linie zwischen Boston und Hamburg, zwischen Lemonheads
und frühen Tocotronic liegt. Der Duktus von Hauptsänger Björn
Sonneberg erinnert dabei manchmal an Bernd Begemann - ist aber wesentlich
direkter, weniger overacting und weniger humorig.
Es sind schon krasse Wahrheiten, über die Locas In Love auf dieser
Platte singen. "Monkey On My Back" oder "Egal wie weit"
thematisieren Angstzustände, Depressionen und familiäre Probleme
ohne jede Verschlüsselung und schocken deshalb auf durchaus nachhaltige
Art und Weise. Dass andere Stücke - wie etwa der Titeltrack - nicht
ohne Theatralik funktionieren und "Zum Beispiel ein Unfall"
sich mit Riot-Kante in die Ohren poltert, passt da ganz gut, weils die
Ernsthaftigkeit auf eine andere Ebene hebt, weil man nicht den Eindruck
hat, man lausche gerade an einer fremden Tür. Aber ganz egal, wie
nah einen Locas In Love an sich ranlassen, unabhängig von so abgedroschenen
Begriffen wie Authenzität: "Saurus" ist in seiner Lakonie,
in seiner Direktheit und vor allem, weil nicht einmal der geringste Versuch
unternommen wird, irgendwie cool, irgendwie unnahbar zu sein, eine unglaublich
konsequente Platte.
(Jochen Overbeck)
nillson-fanzine.de
Um ehrlich zu sein: So richtig hatte
ich mich für Gitarrenpop aus Köln bisher eigentlich nicht interessiert.
Auch die Locas In Love machten da keine Ausnahme. Auch, wenn ich sie mal
mehr oder weniger zufällig irgendeinen Supportgig spielen sah, wurde
die Anteilnahme nicht größer. Sie waren halt dabei, sie waren
nett, mehr blieb nicht hängen. So ging das eine ganze Zeit. Doch
irgendwann fing es an, in Köln zu rumoren. Dass es die Locas jetzt
wissen wollen, hieß es, von einem neuen, mainstreamigeren Bandprojekt
war die Rede, und überdies noch von einer szenefremden neuen Sängerin.
Huch! Da störte doch jemand die untergründige Gemütlichkeit
der kleinen Kölner Rockschuppen, und zu allem Überfluss waren
das auch noch einige ihrer präsentesten Protagonisten. Es wurde spannend.
Die neue Band, Karpatenhund, fing an aufzutreten, bekam erste Aufmerksamkeit
und bald darauf einen umsichtig ausgehandelten Majorplattenvertrag. Inklusive
einer Albumproduktion in den USA, unter der Regie von Starproduzent Peter
Katis (Interpol, The National, Spoon). Und was machte die alte Band, die
Locas, aus der Karpatenhund ja zu 4/5 bestand? Sich aufzulösen? Nein.
Sie arbeitete als Karpatenhund einfach so effizient, dass statt einer
Produktion gleich zwei drin waren. Die zweite für die Locas. So geht
jedenfalls die Legende, und wenn sie stimmt, ist das eine pfiffige Meisterleistung.
Nun liegt also genau dieses in den USA aufgenommene neue Locas In Love-Album
vor, es wird auf dem seit langem verbündeten Kölner Label Sitzer
veröffentlicht, genießt aber den Vorteil eines EMI-Vertriebs.
Und wie gesagt, ich habe mich ja eigentlich noch nie so richtig für
Gitarrenpop aus Köln interessiert. Aber ich muss schreiben, dass
mich „Saurus“ nicht nur positiv überrascht, sondern geradezu
umgehauen hat. Ich habe schon lange kein Album mehr gehört, das trotz
einer selbstauferlegten strukturellen Limitiertheit vor allem wegen seiner
naiv-unbekümmerten Experimentierfreude mit Unmengen von Instrumenten
so seelenvoll klingt. Die Songs auf „Saurus“ sind einfach,
die Texte allerhöchstens sehr unterschwellig dramatisch, eher von
Poplyrik-Konventionen abgewandt. Aber trotzdem ist jedes Stück auf
dieser Platte in sich so stimmig, und alle zusammen fügen sich wundervoll
passend zu einer Platte zusammen. Ich glaube und kann verstehen, dass
Fans von beispielsweise klassischer Britpop-Ästhetik bei Sätzen
wie „Es war Mabuse, er benutzte mein Gehirn“ mit dem Kopf
schütteln. Solche Sätze sind halt nicht für jeden, genauso
wie die Zweitband Karpatenhund nicht für mich und deshalb ziemlich
uninteressant ist. Aber Texte wie die auf „Saurus“ sind für
mich, und für mich sind sie genau richtig. Locas In Love haben wirklich
alles Potenzial aus ihrer Lofi-Ästhetik herausgeholt, haben zwölf
tolle Songs geschrieben, sie haben sich selbst ausgedrückt, und sie
decken Stück für Stück die verschiedensten Emotionen auf
der Klaviatur des Lebens ab. Klingt ein wenig blumig, was? Ich weiß
es aber nicht besser. Auf jeden Fall glaube ich nicht, dass ich mich zuvor
immer in dieser Band getäuscht habe. Richtig ist, dass ihnen mit
„Saurus“ ein Quantensprung gelungen ist, den ich ihnen nicht
zugetraut hätte.
(Christian Steinbrink)
Radio
1
Wer hätte gedacht, dass es noch immer deutsche Bands gibt, die sich
auf dem Marsch durch die Diskurse befinden. Die Kölner Formation
Locas in Love baut auf ihrem zweiten Album kleine ironische Popsongs,
die lakonisch "Sachen“, "Mabuse“ oder auch "High
Pain Drifter“ heißen, aber vor allem davon handeln, wie die
Indie-Kultur sich des Pop bemächtigt und das Reden über Zorn
diesen selbst erübrigt: "Ich gebe zu, ich habe diese Tür
eingetreten.“ Soso.
Kai Müller vom Tagesspiegel
jetzt.de
Ausgesucht weil: noch nie so schön
all die namenlosen Erledigungen, Beschäftigungen und Unfreiwilligkeiten,
eben „Sachen“, besungen wurden, die uns jeden Tag unsere Zeit
rauben und an die wir uns am Ende eines Tages nicht einmal mehr erinnern
können, sondern nur ein großes Gefühl der Leere und Nutzlosigkeit
hinterlassen.
Ausgesucht aus: der zweiten Locas In Love-Platte „Saurus“
(Sitzer)
Puh, bei diesem Album der Kölner Band Locas In Love fällt es
mir wirklich sehr schwer, nur ein Lied auszusuchen, so sehr mag ich diese
Platte insgesamt: Schlichte, aber sehr berührende Melodien mit Gitarre,
Schlagzeug und Bass, die manchmal durch eine Orgel, eine Geige, einen
Bläsersatz oder einen schönen A-ha-Chorus aufgepeppt werden.
Reduzierter Bombast aus leisen, sehnsüchtigen Momenten und großen,
ausholenden Gesten, mit einem Sänger (Björn Sonnenberg), der
sich traut, nicht zu reimen und dabei die poetischsten Texte hervorzaubert,
und einer ganz bezaubernden Co-Sängerin (Stefanie Schrank). Endlich
wieder eine Band, die einem aus der Seele spricht, ohne dabei die plattesten
Alltagsbeobachtungen zu besingen oder diese zu romantisieren, und die
sich originelle Bilder und Vergleiche ausdenkt, auf den Punkt gebracht
in dem großartigen Opener „Sachen“, einem Lied für
die Generation der „neuen Eigentlichkeit“: „Wir wollen
immer etwas machen, aber es kommt immer was dazwischen, Wir stecken fest
in einem Sumpf aus Ablenkung und Ausreden.“
(Caroline von Lotzow)
elisabett.de
Wir wollen immer etwas machen. Es kommt
immer etwas dazwischen. Wem es so geht, der ist auf dem Weg durch ein
zufriedenes Leben, trotz verpaßter Chancen, vergebener Elfmeter
oder unerreichten Höhen. Wie fliegende Sahnetörtchen werden
den vier Locas in Love derzeit die Huldigungen an die Backe geschmissen.
Keine Musikjournalie, die nicht mit in den Chor der begeisterten Kritiker
einstimmt. Gänzlich unaufgeregt, bescheiden und doch nichtssagend
vielumfassend erklingt der Pop der deutsch musizierenden Band. Internationale
german spoken Indiepopklasse direkt aus unserer Mitte?! Große Zukunft
wird hier allenthalben vorausgesagt, unabhängig der Jahre, die bereits
hinter dieser Formation liegen.
Es ist ein wohlklingender Sound, der mit viel Achtung für Details
und jeder Menge schweißtreibender Gründlichkeit in über
einem Jahr aufgenommen, verworfen, neu zusammengestellt, abgemischt und
schließlich für gut genug befunden wurde. „Saurus“
steht denn schließlich für die Entwicklung der Band, die sich
nicht zuletzt in den letzten eineinhalb Jahren mit den vier Kölner
Musikern vollzogen hat: Konzerte in den USA, eine vollständig selbstgemachte
EP, der Support für Arab Strap und die Arbeit mit Peter Katis, bekannt
durch die Kooperationen mit Interpol oder The National, an den Songs für
das neue Album im Studio. Sie haben immer etwas gemacht. Immer kommt was
neues dazwischen. Am Ende steht mit „Saurus“ eine Platte,
die so zwischen 1993 und 2006 so ziemlich alles in sich aufgenommen haben
könnte, was im weiten Feld von Politpop bis Spaßindie in deutschen
Landen auf dem Plattenteller kam. Die Lassie Singers treffen den bebrillten
Durchschnittstocofan an der nächsten Ecke. Mal dreht sich der Text
einfach musikalisch umfingert im Kopf, mal dreht die Gitarre zum unspektakulärem
Alltagsleben am Rad. Schwuppediwupps sind die zwölf Songs auch schon
wieder vorbei. Mit „Rosa Mond“ beschließt sich das Album
mit einem Wink zu Tilman Rossmy. Und der hatte ja auch mal was mit den
Lassie Singers. Und weil alles so gut läuft, könnte dieses Jahr
für Locas in Love in zweifacher Hinsicht zum Sprungbrett in weitere
und bekanntere Gefilde werden, denn mit der gleichen um eine weibliche
Stimme aufgestockten Besetzung betritt der Ableger Karpatenhund demnächst
mit dem Debut die nationale Showbühne. Sie wollen immer etwas machen.
Dieses verdammte Deutschland hat sie dazu getrieben.
[flo]
Plattentests Online
Jurassic Park
Locas In Love - eine weitere unnötige
Telenovela? Aber nicht doch: Man singt deutsch, ist zu viert, hat sich
nach einer Comicserie benannt und seine Basisstation in Köln. Und
ganz außerdem bereitet diese sympathische Band ungefähr doppelt
so viel Freude, wie die Absetzung aller unnötigen Telenovelas zusammen
es würde. Das liegt unter anderem an der Gabe, Worte zu finden, die
nicht bloß nach Suchmaschinenergebnis, sondern nach Bekennerschreiben
und Vertrauensbeweis klingen. Und dann wäre da noch dieser verblüffend
internationale Sound, der so viel mehr aus dem Ärmel schüttelt,
als herkömmlicher deutscher Indiepop überhaupt auf dem Spickzettel
stehen hat.
Wenn man all das - sowie den Umstand, dass die Vier auch gerne mal deutschsprachigen
Songs englische Titel verpassen - erst einmal staunend verinnerlicht hat,
dann überrascht es eigentlich nicht mehr, dass die mittlerweile pensionierten
Arab Strap sich ausgerechnet Locas In Love als Support für ihre allerletzten
beiden Deutschland-Konzerte wünschten. Im Gegenzug spendierte Malcolm
Middleton ein Gitarrensolo für ihr zweites Album "Saurus",
das die Locas zwar selbst einspielten und produzierten, mit dem sie aber
zum Mischen in die USA flogen - zu Peter Katis, den man von seinen Kollaborationen
mit Interpol, The National, Clem Snide oder Spoon kennen könnte.
Es sind die kleinen, liebevollen Details, die ein Dutzend Singalongs auf
Sauriergröße wachsen lassen: der reizende Kinderchor, der "Dieses
verdammte Deutschland hat mich dazu getrieben!" skandiert. Gitarren,
so fluffig, wie Jamie Oliver keinen Pfannkuchen hinbekommen würde.
Vereinzelte sonnige 60s-Harmonie-Gesänge und das beiläufige
und gerade deswegen so perfekte Pfeifen in "High pain drifter".
Die cleveren Querverweise und vor allem die Selbstverständlichkeit,
mit der Björn, Stefanie, Jan Niklas und Mauri auch Country und Americana
an den Rhein importieren und ebenso dezent wie gekonnt einfließen
lassen.
Dass Locas In Love zudem ein Händchen für Dramaturgie haben,
zeigt "Honeymoon is over (if you want)" beispielhaft - eine
angespannte Zusammenkunft von sanftmütigem Piano-Banjo-Geflecht und
bitterernstem, bleischwerem Bass, denen schließlich doch noch die
eindrucksvolle Verwandlung in streicherbeflügelte Ausgelassenheit
gelingt. Sänger Björn Sonnenberg macht dank ausgeprägter
Storyteller-Mentalität auch versmaßlos glücklich und schafft
es stimmlich locker, für die Akustikgitarren-Nummer "Rosa Mond"
mal eben in den Johnny-Cash-Modus zu wechseln - und auf ganz hinreißende
Art und Weise Nick Drake zu huldigen.
"Sachen" hingegen erzählt von der wenig fabelhaften Welt
der Lethargie - die Saiteninstrumente schlingern thematisch adäquat,
während Drummer Mauri fehlerfrei den Begriff Monotonie buchstabiert.
Dabei kann er dann aber doch nicht ganz den vorbildlichen Energiehaushalt
von Locas In Love verbergen, die sich übrigens unter dem Namen Karpatenhund
und mit einer Frau namens Claire am Mikrofon geschlossen den Luxus einer
Zweitband leisten. Ebenfalls bei Virgin unter Vertrag und mit einem Debütalbum
in Vorbereitung. Man würde ihnen glatt wünschen, doppelt abzuräumen.
(7/10) Ina Simone Mautz
schallplattenmann
Die alte Weisheit, dass Blinde keine Blinden führen können,
wird mit "Saurus" nachhaltig entkräftet. Man hat nie das
Gefühl als habe die Kölner Band für irgendetwas Antworten
parat, aber die Art wie Locas In Love Geschichten erzählen, hat schon
fast therapeutische Züge. Jeder der zwölf Songs hat mindestens
eine Textzeile, die man sich auf die Innenseite der Augenlider tätowieren
sollte. Aber auch musikalisch schafft es die Band um Björn Sonnenberg
(The Dackel 5) Akzente zu setzen. Schrammelige Americana-Grundhaltung
trifft auf nette Feinheiten der Tasteninstrumente und charmante kleine
Huldigungen an so Große wie Johnny Cash oder Nick Drake.
Apropos, ab jetzt sollten Locas In Love nur noch in einem Atemzug mit
den ganz Großen genannt werden: "Saurus" ist mit Sicherheit
eine der besten deutschsprachigen Platten der vergangenen Monate. Allein
zu hören, wie sich bei "Honeymoon Is Over" gegen Ende die
Streicher erheben, müsste Beweis genug sein. Volltreffer ohne Anbiederung.
(@@@@ - definitives Highlight) (Dirk-Michael Mitter)
sellfish.de
Locas in Love machen vor allem nette, eingängigen Indie-Pop mit Folkelementen.
Auf ihrem neuen Album „Saurus“ haben sie sich dafür von
Orchester, Kinderchor und einem Gitarrensolo von Malcolm Middleton unter
die Arme greifen lassen, weil sie laut eigener Aussage das Gefühl
hatten, daß es nicht ohne gehe, um das umzusetzen, was sie als „reduzierten
Bombast“ bezeichnen.
Klotzen statt Kleckern ist nicht immer das beste Motto. So haut das neue
Album musikalisch trotz der sympathischen, von Alltagslyrik geprägten
deutschen Texten nicht wirklich vom Hocker. Doch die Texte stecken voll
von kleinen Wahrheiten, Situationen, die jeder von uns nachempfinden kann:
den Smalltalk mit einem gar nicht so unlieben Bekannten, bei dem mal das
halbe viel beschäftigte Leben vorbeiflitzen läßt, auch
wenn man sich gar nicht mehr so recht entsinnen kann, bei welchen „Sachen“
eigentlich so schnell die Zeit verstrichen ist. Sich darüber freut
getroffen zu haben, aber sich gleichzeitig bewußt ist, daß
aus dem im Raum stehenden baldigen Kaffeetrinken wohl wieder nichts wird,
wie schon die vielen Male vorher; Vom Verlassen und Zurückkommen
in die Stadt der Kindheit und all den damit verbundenen zwiespältigen
Gefühlen in „Egal wie weit“ unterstützt von einem
mal leise- unaufdringlichen, mal energisch- treibenden Orchester. „Rosa
Mond“ besticht mit seinem an Element of Crime erinnernden reduzierten
Sound und erzählt von der Einsicht, daß weder Flucht noch Verstecken
Probleme löst und daß „es [...] mich finden (wird) selbst
in der letzten Ecke“. Leise klimpern Piano und Banjo zum Auftakt
von „honeymoon is over (if you want to)“, dem Abgesang einer
Liebe, wenn nach der Resignation und dem Kampf zwischen Erinnern und Vergessen,
freundschaftliche Loyalität übrigbleibt. Und wohingegen andere
Krimis schreiben, leben Locas in Love ihr kriminelles Potential in Liedern
wie „Mabuse“ und „Zum Beispiel ein Unfall“ aus.
Schließlich vernimmt das Ohr Country. Deutschen Country und nein,
man kann nicht meckern, schön haben sie die ironische Thematisierung
der „quarterlife-crisis“ hinbekommen. Oh, jetzt beginne ich
doch leicht zu schwanken und muß mich doch etwas am Hocker festklammern.
Doch „das ist für heute alles. Lass uns sehen, daß wir
ins Bett kommen.“
(7/10) (Nadja Gebhardt)
Live Magazin
Für diejenigen, die da mal wieder
gepennt haben: Locas In Love sind eine junge Band aus Köln, die in
ihrer Gesamtheit gern viel schreibt — Bis man alle kleinen Geschichten,
Bandtagebücher und intimen Einblicke auf ihrer Homepage gelesen hat,
ist man ergraut. — und bereits 2004 ihr Debüt „What Matters
Is The Poem“ raus gebracht haben. Das Debüt war gut, „Saurus“
ist es auch. Vielleicht — Jetzt 'nen Euro ins Phrasenschwein. —
erwachsener und reifer als der Vorgänger, aber immer noch lässig
poppig, schlau ohne verkopft zu sein und darüber hinaus mit viele
Liebe produziert. Sympathische Alltagslyrik geschrieben von sympathischen
Leuten, die sich selbst nicht zu ernst nehmen, trifft auf Musik, bei der
sogar die Gitarren irgendwie sympathisch klingen. So früh im Jahr
schon ein Highlight vor die Nase zu bekommen tut gut.
(5/5 Sterne) bü
Vice
Locas in Love scheinen mit der gleichen mysteriösen Gabe gesegnet
zu sein wie Jeans Team. Das heißt, sie haben eine komplette LP in deutscher
Sprache aufgenommen, bei der man sich nicht sofort die Haare ausreißen,
Batteriesäure trinken oder vor den nächsten ICE werfen will. Gut gemacht
Leute, wieder ein Leben gerettet.
(8/10) (Neale Lytollis)
Hinternet
Die alte Weisheit, dass Blinde keine Blinden führen
können, wird mit "Saurus" nachhaltig entkräftet. Man
hat nie das Gefühl als habe die Kölner Band für irgendwas
Antworten parat, aber die Art wie Locas In Love Geschichten erzählen
hat schon fast therapeutische Züge. Jeder der zwölf Songs hat
mindestens eine Textzeile, die man sich auf die Innenseite der Augenlider
tätowieren sollte.
allschools.net
Jenseits von inflationär gebrauchten Begriffen wie „Hamburger
Schule“, tocotronischen Jungs, Tics, nervtötendem Deutsch-Poprock
und überdrehten Diskussionen über MIA.s Einstellung zum Nationalstaat,
liefern die Kölner LOCAS IN LOVE mit ihrem Zweitwerk „Saurus“
ein Album ab, das diese stille Ausnahmeband zur vielleicht liebenswertesten
Gruppe hierzulande, wenn nicht gar europaweit und überhaupt, macht.
Die 12 Songs strotzen nur so vor popmusikalischen Querverweisen, skurrilen
Alltagsgeschichten und dem Mut die eigene Schwäche wie ein mächtiges
Schild aus feinem, folkigem Indiepop vor sich herzutragen. Und immer wieder
die charmant vorgetragenen Texte von Björn Sonnenberg ,ohne je in
den Zwang mit Reimen zu jonglieren zu verfallen. Schon allein der Opener
„Sachen“ über diese ganzen Alltagsdinge, die uns die
Zeit für das Wesentliche rauben, ja mitunter das Wesentliche sind.
Und „Ich träumte von einem T-Shirt mit deinem Gesicht/Ich liebte
dich“ (aus „Comandante“, das fast schon in Schlageruntiefen
abdriftet, aber trotzdem unterhaltsam bleibt) ist wohl die verschrobenste
Liebeserklärung, seit „Red Right Ankle“ der DECEMBERISTS.
Immer wieder bekommt man diese Liebenswürdigkeit um die Ohren gehauen,
sei es wenn es „Ich war es nicht, es war Mabuse, er benutzte mein
Gehirn“ im Kinderchor gesungen wird (allein schon der Mut sich dieses
eher als Kitsch verschrienen „Instruments“ zu bedienen verdient
Respekt) oder die Körper der Liebenden im Kugelhagel „zerplatzen“.
Und wenn das wunderschöne „Pink Moon“ des großartigen
Nick Drake in „Rosa Mond“ zitiert wird, dann sind alle Ungereimtheiten
sowieso vergessen.
Dass Malcolm Middleton (ARAB STRAP) bei „Honeymoon Is Over (If You
Want)” ein Gitarrensolo einlegt und Peter Katis (INTERPOL) Produzent
war sind dann wohl so was wie I-Tüpfelchen. Abseits von Hype und
Co. macht sich hier eine Band auf, einfach nur wunderschöne Musik
zu machen. Hoffentlich beständig, denn mit KARPATENHUND steht ein
Zweitprojekt in den Startlöchern, das von der Fachpresse schon zur
neuen deutschen Pophoffnung deklariert wird. Dabei ist sie schon hier.
(Dennis)(8 von 10)
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